Konflikt um polnische Kohlegrube eskaliert

Konflikt um polnische Kohlegrube eskaliertZittau, 24. September 2021. Schon im Mai hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) angeordnet, den Tagebau im polnischen Turów bei Zittau bis zu einer Klärung europarechtlicher Fragen zur Betriebsgenehmigung ruhen zu lassen. Doch die Republik Polen zeigt sich bis dato unbeeindruckt und hat angekündigt, dem Abbaustopp weiterhin nicht nachkommen zu wollen und auch die jüngst verhängten Strafzahlungen nicht zu akzeptieren.

Abb.: Die Braunkohle aus der Grube Turów wird im nahen, im Tal der Lausitzer Neiße gelegenen polnischen Kraftwerk – hier der Blick darauf aus der Zittauer Weinau – verheizt
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Zittauer Oberbürgermeister begrüßt Vorgehen der Justizministerin

Thema: Kraftwerk und Tagebau Turów

Kraftwerk und Tagebau Turów

Der Tagebau Turów – angelegt als Tagebau Hirschfelde, ab 1947 unter polnischer Verwaltung zunächst Kopalnia Turoszów (Bergwerk Türchau) – liegt bei Zittau auf der polnischen Seite der Lausitzer Neiße. Er beliefert das ab 1962 errichtete gleichnamige Kraftwerk. Im Jahr 2020 wurde die Betreiberlizenz zunächst für sechs Jahre verlängert, insgesamt sollen Tagebau und Kraftwerk bis 2044 betrieben werden.

Das wird jetzt auch der sächsischen Staatsministerin der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung Katja Meier (Bündnis 90/Die Grünen) zu bunt, die hat eine rechtliche Überprüfung der Genehmigungslage des Tagebau Turów in Auftrag gegeben – und zwar aus der Perspektive des polnischen Rechts.

Der Zittauer Oberbürgermeister Thomas Zenker erklärte dazu: "Es ist erfreulich, dass jetzt endlich auch der Freistaat Sachsen nochmals die rechtliche Lage sämtlicher Genehmigungen für den Weiterbetrieb und die Erweiterung des Tagebau Turóws prüft. Damit werden auch alle Einwände und Widersprüche nochmals betrachtet. Ich erhoffe mir daraus für unsere Stadt eine Klärung der rechtlichen Position Sachsens, die dann Einfluss auf den Bund haben sollte. Bislang hat der Konzern PGE aber auch die polnische Politik jegliche Zweifel und Kritik - nicht nur unsere eigene sondern auch die der Tschechen, der Europäischen Kommission sowie des Europäischen Gerichtshofs - kühl zurück gewiesen."

Zwangsgeld für Polen: täglich 500.000 Euro

Nach einer Eilentscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 21. Mai 2021 sollte die Arbeit im Tagebau Turów bis zu einer endgültigen Gerichtsentscheidung eingestellt werden. Kläger waren Tschechien und als Streithelferin die Europäische Kommission, das vom polnischen Tagebau betroffene Sachsen und der Bund hatten sich damals rausgehalten und auf Diplomatie gesetzt. Da Polen der Entscheidung des EuGH noch immer nicht nachgekommen war, hatte der Europäische Gerichtshof am 20. September 2021 Polen zu einem täglichen Zwangsgeld in Höhe von 500.000 Euro verdonnert – so lange, bis die Bergbauaktivitäten eingestellt sind.

Nun steigert auch Sachsen den Druck auf die polnischen Verantwortlichen: Die sächsische Justiz- und Europaministerin Katja Meier hat polnische Umweltrechtsspezialisten mit der Überprüfung der Genehmigungslage beauftragt. Auch die Umweltverträglichkeitsprüfung im Fall der Verlängerung der Abbaugenehmigung des Tagebaus soll unter die Lupe genommen werden. Staatsministerin Meier begründet das so: "Trotz der Anordnung des Europäischen Gerichtshofs, den Tagebau in Turów bis zu einer Klärung der europarechtlichen Fragen ruhen zu lassen, laufen die Bagger und Förderbänder weiter. Es ist wichtig, dass die Bescheide und das Verfahren aus der Perspektive des polnischen Rechts unter die Lupe genommen werden. So sollen die Menschen in Sachsen und die betroffenen Kommunen für dieses aber auch für künftige Verfahren juristische Argumente für transparente Umweltverfahren bekommen."

Hoffnung auf Rückkehr zu fachlichem Austausch

Die Warschauer Umweltrechtskanzlei GFP unter der Leitung von Rechtsanwalt Dariusz Goliński, einem renommierten Verwaltungs- und Umweltrechtsexperten, ist nun mit der Erstellung eines umweltrechtlichen Gutachtens zu den Verlängerungen der Abbaukonzessionen für den Braunkohletagebau Turów beauftragt. GFP prüft dabei insbesondere die Einhaltung der Vorgaben des polnischen Rechts, die bei dem Verfahren galten. Noch einmal Europaministerin Meier: "Es muss geprüft werden, ob die Verlängerung der Abbaugenehmigung in Turów nach polnischem Recht Bestand haben kann. Mit dem Gutachten möchte der Freistaat die Menschen unterstützen, die sich für den Schutz der Umwelt in ihrer Heimat, insbesondere in der Region Zittau, und gegen die globale Klimakatastrophe engagieren. Ich hoffe, dass wir darüber auch wieder zu dem fruchtbaren und engen Fachaustausch zurückfinden, den es mit Polen seit vielen Jahren in herausragender Weise gab."

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  • Quelle: red | Foto: © BeierMedia.de
  • Erstellt am 23.09.2021 - 21:08Uhr | Zuletzt geändert am 24.09.2021 - 08:10Uhr
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