Studium, anders gedacht
Zittau, 8. März 2022. Von Thomas Beier. Wer studieren möchte, für den steht manchmal weniger das Was im Mittelpunkt, sonder eher das Wo oder das Wie. Klingt kryptisch? Dann holen wir mal ein wenig aus.
Lineare und nichtlineare Bildungs- und Berufswege
Schaut man sich die Lebensläufe von Leuten an, die nicht nur nach außen hin erfolgreich erscheinen, sondern auch für sich selbst mit ihrem Berufsleben hochzufrieden sind, dann sieht man, dass ihre Lebenswege keineswegs immer nur geradlinig und zielstrebig verlaufen sind. Thomas Mann blieb zweimal sitzen und musste das Gymnasium ohne Abitur verlassen; zu den Sitzenbleibern am Gymnasium zählen auch Otto Waalkes und Harald Schmidt.
Das ist freilich kein Freibrief für die Pennäler der Jetztzeit, Faulheit als Grundlage künftigen beruflichen Erfolgs anzusehen, sondern steht für ganz andere Zusammenhänge. So fällt es sehr intelligenten Schülern unter Umständen schwer, formales Wissen zu pauken, während sie ganz andere Dinge, die über den Schulstoff hinausgehen, spannend finden.
Spätzünder und Spätstarter mit Vorteilen
Ein weiterer Aspekt ist, dass sich die wahren Begabungen und persönlichen Stärken einem selbst oft erst recht spät offenbaren. So verfolgt mancher einen ganz bestimmten Bildungsweg, um vielleicht mitten im Studium die Gewissheit zu erlangen: Nein, das ist nicht meins. Als Beispiel mag Franz Kafka herhalten, der zunächst Chemie studierte und über Umwege schließlich als Jurist promovierte.
Andere wiederum stellen erst einmal eine Berufsausbildung mit dem Nahziel, finanziell selbständig zu sein, in den Mittelpunkt und entwickeln erst später die Lust am beruflichen Fortkommen durch höhere Bildung, wenn sie aus der Arbeitspraxis heraus klare Zielvorstellungen entwickeln können. Bei einem geradlinigen Bildungsweg bis zum Studienabschluss hingegen bleibt der eigentliche Einstieg ins Berufsleben ja oftmals bis zum Studienende eher vage, insofern man nicht bereits während des Studiums von Headhuntern entdeckt wird.
Bildungswege sind so vielfältig wie das Leben, Schwangerschaften, Verpflichtungen in der Familie und andere außergewöhnliche Umstände sorgen für Brüche und Umwege. Erst die Praxis der Arbeitswelt kennenzulernen und dann zu studieren hat den großen Vorteil, nicht nur stringent auf das bisherige durch Lernen und Erfahrungen erworbene Wissen aufzubauen, sondern auch spannende Kombinationen beruflicher Fähigkeiten entwickeln zu können. Wer so an seine persönliche Bildung herangeht, verliert nie die Lust auf Lernen und kann dank ständig neuer Herausforderungen gar nicht mental einrosten.
Ein Beispiel für Erfolg
So sind etwa ausgewiesene Techniker besonders gefragte Leute, wenn sie sich auch im Marketing in all seinen Facetten auskennen. Andersherum wird es schwieriger: Was will ein Industriebetrieb mit einem Marketingabsolventen anfangen, der weder die Produktionsprozesse versteht nach die Art und Weise, wie Techniker und Ingenieure ticken?Eine ganz bestimmte Sparte des "DDR"-Maschinenbaus hat in einer großen westeuropäischen Region über viele Jahre alle Maschinen ihres Sortiments verkauft, nur in einem einzigen Fall kam ein westdeutscher Konkurrent zum Zuge. Es lag nicht an der Qualität, es lag nicht am Preis, es lag am Handelsvertreter vor Ort: Während die Wettbewerber auf Schlips-und-Kragen-Typen mit schicken Büros und tollen Prospekten setzten, zog der einheimische Vertreter für die Ost-Maschinen über Land, besuchte die Betriebe, zog den Blaumann an, untersuchte und wartete die Maschinen, gab Tipps und sorgte dafür, dass alles zuverlässig läuft. Bei vergleichbaren Produkten nennt man das ein einzigartiges Verkaufsargument, das in der Branche der Maschinenkäufer natürlich die Runde machte.
Der beste Weg muss nicht der kürzeste sein
Einen interessierten Praktiker, der bereits in einem Unternehmen arbeitet, in Marketing und Verkauf zu qualifizieren, das geht wunderbar, einen Marketingabsolventen oder sogenannten Kommunikationspsychologen hingegen in technischen Sachverhalten sattelfest zu machen, das dürfte schwierig werden. Wer schon im Berufsleben steht und den Weg ins Marketing gehen möchte, für den ist oftmals ein Marketing Fernstudium der beste Weg – übrigens auch dann, wenn sich die Begeisterung für das herkömmliche Studentenleben und für die Verhältnisse an einer höheren Lehranstalt in Grenzen halten. Ein flexibles Marketing Fernstudium mit Bachelor-Abschluss als "Bachelor of Art" (B.A.) bietet dann die Möglichkeit, individuelle Lebensansprüche oder Gegebenheiten mit den Anforderungen eines vollwertigen Studiengangs zu vereinen.Reflektion
Ein bisschen neidisch werde ich da schon: 1990 wurde ich von jetzt auf gleich Marketing Manager eines Unternehmens und statt Studium gab es nur learning by doing, nach und nach auf mehreren Kontinenten. Diese Erfahrungen, die ich nicht missen möchte, haben mich später in die Unternehmensberatung im Bereich Personal-, Organisations- und Strategieberatung geführt, übrigens als gelernten Werkzeugmacher, Diplom-Ingenieur im Maschinenbau und Fachingenieur für Informatik. So ist das mit den nichtlinearen Bildungs- und Berufswegen und es kommt immer darauf an, seine persönlichen Stärken zu finden und zu nutzen, alles andere ist – unter uns gesagt – ziemlich egal.Jack Welch (1935 – 2020), dem legendären General-Electric-Chef von 1981 bis 2001, wird das Zitat nachgesagt: "Nimm soviel Bildung mit, wie du kriegen kannst, aber dann, um Himmels Willen, mach was draus!" Dem ist nichts hinzuzufügen.
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- Quelle: Thomas Beier | Foto: DiggityMarketing / Diggity Marketing, Pixabay License
- Erstellt am 08.03.2022 - 18:24Uhr | Zuletzt geändert am 13.05.2022 - 23:15Uhr
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