Mensch oder Algorithmus: Wer ist die Zielgruppe?

Mensch oder Algorithmus: Wer ist die Zielgruppe?Zittau, 4. Juni 2021. Von Thomas Beier. Geschäftlicher Erfolg entsteht heute öfter denn je aus dem Erfolg im Internet. Anders gesagt: Wer online nicht schnell gefunden wird, existiert für viele mögliche Auftragnehmer nicht. Viele Internetdienstleister beschäftigen sich deshalb damit, Anbieter im Web zu mehr Relevanz zu verhelfen. Manche Methoden scheinen dabei auf den ersten Blick nicht sonderlich seriös.

Abb.: Käuflich ist alles, auch der erhobene Daumen
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Geschäft und Moral sollten einander nicht ausschließen

Geschäft und Moral sollten einander nicht ausschließen
Soziale Netzwerke im Internet: Wer nicht auffällt, bleibt außen vor
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Das Thema Wahrheit und Lüge im Geschäftsleben hatte der Zittauer Anzeiger bereits vor einem reichlichen halben Jahr einmal aufgegriffen und gezeigt, dass es in bestimmten geschäftlichen Situationen gar nicht möglich ist, bei der Wahrheit zu bleiben. Diesmal geht es aber um anderes: Darf man in den sozialen Netzwerken des Internets mittels gekaufter Likes, Follower und Freunde eine größere relevanz oder Reichweite suggerieren, als man eigentlich hat?

Das Thema Interneterfolg hat inzwischen viele Facetten, zu den wichtigsten zählen zweifellos die Suchmaschinenoptimierung und das Agieren in den sozialen Netzwerken. Je umfassender die technischen Möglichkeiten werden, sich als Anbieter in den Vordergrund zu bringen, umso stärker werden sie auch genutzt. Allerdings müssen Anbieter aufpassen, nicht das Vertrauen der anderen Nutzer zu verspielen – wobei: manchmal geht längst nicht mehr darum, wie ein Webauftritt bei Menschen ankommt, sondern wie Algorithmen diesen bewerten.

Mehr Erfolg durch Suchmaschinen-Optimierung

Zunächst geht es für Anbieter auf Kundensuche darum, in den Suchergebnissen der Suchmaschinen möglichst weit oben angezeigt zu werden. Der Algorithmus, mit dem beispielsweise Google die Reihenfolge festlegt, in der die Suchergebnisse angezeigt werden, wird zwar immer wieder verändert, aber bestimmte Grundanforderungen an Webseitenbetreiber bleiben konstant. So analysiert Google, ob es sich um hochwertige, nützliche und nicht einfach nur kopierte Inhalte – Content genannt – handelt. Textgliederung, Wortwahl, Satzlänge, Zwischenüberschriften, alles hat Einfluss auf das Ranking. SEO-Agenturen helfen als Spezialisten für die Suchmaschinenoptimierung Webseiten so aufzubereiten und im Web zu platzieren, dass sie möglichst unter den ersten Suchergebnissen angezeigt werden.

Soziale Netzwerke als Schnittstelle zu den Kunden

Längst aber verbringen einzelne Zielgruppen viel mehr Zeit in den sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram, Tik-Tok oder Reddit, um nur einige wenige aus der großen Vielfalt zu nennen. Kein Wunder also, dass Unternehmen und andere Organisationen hier mit von der Partie sind und hoffen, die Aufmerksamkeit auf sich lenken zu können. Auch in den sozialen Netzwerken ändern sich die Algorithmen, die bestimmen, was wem angezeigt wird, immer wieder. Dennoch: Wer möglichst viele Follower, Freunde, Likes oder andere Aufmerksamkeitsnachweise für sich verbuchen kann, macht einen erfolgreichen und damit für viele zugleich auch vertrauenswürdigen Eindruck. Je nach Algorithmus ist außerdem damit zu rechnen, dass die Posts oder Postings, also die online gestellten Mitteilungen, Bilder oder Videos, umso mehr Nutzern angezeigt werden, je beliebter der Absender ist.

Rolle der Dienstleister

Vor diesem Hintergrund beauftragen etliche Unternehmen externe DIenstleister damit, die einzelnen Accounts – das sind die persönlichen Profile oder Seiten – zu pflegen und dort im Namen des Auftraggebers zu interagieren. So zu mehr Aufmerksamkeit und Zuneigung – auch Unternehmen brauchen das – zu gelangen, ist ein langer und teurer Weg. Oft genug geht die Sache auch schief, nämlich dann, wenn gar zu naive Acountbetreuerinnen säuseln und um Himmels Willen niemandem auf die Füße treten wollen. Gerade etwa bei Verwaltungen muss hinterfragt werden, ob diese Art von Marketing überhaupt nötig oder nur rausgeworfenes Steuergeld ist. Dass eine Werbeagentur oder eine Marketingmitarbeiterin im Namen einer Verwaltung oder Behörde öffentlich kommuniziert, ist fatal genug.

Freunde, Follower und Likes kaufen?

Seit einiger Zeit hat sich ein weiteres Geschäftssegment herausgebildet, das den Erfolg im Internet auf die Sprünge helfen soll: Es gibt Anbieter,bei denen man Follower, Likes und dergleichen für seinen Social Media Account kaufen kann. Dabei gibt es durchaus unterschiedliche Qualitäten, wie ein Anbieter, bei dem man unter anderem Instagram Follower kaufen kann, in seinem Webauftrittt erläutert. So werde etwa zwischen “Followern” und “echten Followern”, die bereits aktiv sind, unterschieden. Ebenso ist etwa die Auswahl zwischen überwiegend weiblichen oder großtenteils männlichen Followern möglich, was eine weitere Anpassung an Zielgruppen erlaubt.

Eine rechtliche Beurteilung des Handels mit solchen Sympathiebekundungen ist nicht Sache des Zittauer Anzeigers, ein Blick auf die wirtschaftlichen und moralischen Aspekte hingegen schon. Natürlich kann man sagen, das Vorgaukeln von Beliebtheit ist nicht gerade seriös. Andererseits kann dagegengehalten werden, dass die Algorithmen der Netzwerke dies geradezu erzwingen, weil sie darauf ausgelegt sind, die Postings nicht möglichst gut weiterzuverbreiten, sondern bezahlte Werbung zu erzwingen, wenn ein Anwender mehr Reichweite haben möchte.

Erfolg kommt nicht von allein

Wer seine Kunden über das Internet gewinnen will oder muss, muss sich notgedrungen damit abfinden, dass der Erfolg ohne flankierende Maßnahmen in aller Regel nur sehr begrenzt sein wird. Zu diesen flankierenden Maßnahmen zählen klug gewählte Webseiten-Inhalte, die suchmaschinengerechte Optimierung des Webauftritts, die hochwertige Vernetzung der Seite im Web und eben auch Aktivitäten, die für mehr Reichweite in den sozialen Netzwerken sorgen. Je nach Einzugsgebiet und Zielgruppe können sich zudem Elemente des analogen Marketings – von der Printwerbung bis zum lokalen Sponsoring – als hilfreich erweisen.

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  • Quelle: Thomas Beier | Grafik geralt / Gerd Altmann, Pixabay License
  • Erstellt am 04.06.2021 - 12:53Uhr | Zuletzt geändert am 04.06.2021 - 13:27Uhr
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