Stellen richtig besetzen

Stellen richtig besetzenZittau, 1. Juni 2021. Von Thomas Beier. Zu den Mythen des Personalwesens gehört, dass man jemanden nur richtig ausbilden oder qualifizieren müsse, damit er oder sie eine entsprechende Stelle, an der die entsprechenden Qualifikationen nötig sind, ausfüllen kann. Doch wer – typisch in Produktionsbetrieben und der Informatik – einfach nur nach "Fachkräften" sucht, läuft Gefahr, die falschen Leute anzuheuern.

Abb.: Nicht alle Beschäftigten arbeiten gern intensiv in einem Team – das muss kein Nachteil sein und kann sogar klare Schnittstellen fördern und Zeitverluste für Abstimmungen mindern
Foto: Malachi Witt, Pixabay License
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Weiche Faktoren ebenso wichtig wie die fachliche Qualifikation

Vielleicht beginnt das Problem ja bereits beim Wort "Fachkraft", mit dem ein Mensch auf seine Kraft auf einem bestimmten Fachgebiet reduziert wird. Das Handeln eines Menschen in der Arbeitswelt und damit der Erfolg für ihn selbst wie auch für den Arbeitgeber hängt jedoch von vielen weiteren Faktoren ab, die am Arbeitsplatz nicht einfach abgelegt werden können.

Im Verbund der Saxon Consulting Group im Landkreis Görlitz werden als weitere entscheidende Faktoren, sogenannte weiche Faktoren, für den richtigen Einsatz von Beschäftigten gesehen:

    • das Temperament
    • der Charakter
    • die persönliche Reife

So gesehen ist die fachliche Qualifikation – über die ein Zeugnis oder eine Lehrgangszertifikat oft wenig aussagt – nur eine notwendige Basisqualität für eine bestimmte Tätigkeit, aber nicht ausreichend. Die Frage ist, mit welchen Rahmenbedingungen ein Mitarbeiter zurechtkommen muss beziehungsweise welche für ihn oder sie geschaffen werden müssen.

Passt das Temperament?

Das Temperament ist jedem in die Wiege gelegt, genauer gesagt, genetisch fixiert. Zwar kann man sich verstellen, aber letzten Endes lässt sich das wahre Temperament nicht verbergen und wird sich beispielsweise in Stresssituationen zeigen.

Wer beruflich etwa Kunden begeistern soll, sollte kein wortkarger Einzelgänger sein. Vielmehr sind hier Freude am Erfolg und die Fähigkeit, Gegenargumente auszuhalten und mit Biss vorzugehen, gefragt. Wer allerdings besonders mitfühlend ist, dürfte es ebenso wie ein Einzelgänger in so einem Job nicht weit bringen.

Auch für die Zusammenarbeit in einem Team ist das Temperament sehr wichtig. Wer arbeitet am liebsten für sich allein? Wer will nur einfach dabei sein, aber nicht die Verantwortung für alle tragen? Wer strebt von Natur aus danach, das Team zu organisieren und zu führen? Wie wenig das berücksichtigt wird zeigt sich immer dann, wenn ausgewiesene Fachleute wegen ihrer Expertise zum Chef oder zur Chefin gemacht werden: Trifft es einen Eigenbrötler, wird er nur schwer eine gute Führungskraft werden, wegen der Beanspruchung als solche wird jedoch zugleich das fachliche Knowhow zurückgehen.

Wer sein eigenes Temperament oder das anderer einschätzen möchte, liegt oft falsch. Auch sogenannte Psycho-Tests, selbst wenn sie sehr bekannt sind, liefern meist nur klischeehafte Stimmungsbilder. Deshalb setzt die Saxon Consulting Group an dieser Stelle auf Analyseverfahren, die auch Widersprüchlichkeiten im Verhalten erklären und schult zugleich, das Temperament anderer in seinen Grundzügen zu erkennen.

Charaktersache

Im Gegensatz zum Temperament ist man für seinen Charakter selbst verantwortlich. In der Arbeitswelt gehört dazu, loyal und verbindlich gegenüber dem Arbeitgeber wie auch gegenüber den Kunden aufzutreten. Zur im Verhalten gefragten Berechenbarkeit gehört zudem, andere nicht auszutricksen und seine eigenen Interessen mit Anstand zu vertreten.

Spannend ist es, nicht nur das Verhalten näher zu betrachten, sondern auch nach den Motiven dafür zu fragen. So kann etwa jemand von Natur aus sehr freundlich sein – oder er verfolgt damit eine bestimmte Absicht, verstellt sich also.

Reif für den Job?

Beispiele für Personen unterschiedlicher Reife kennt wohl jeder. Da sind beispielsweise die schlichten Gemüter, die kaum Zusammenhänge erfassen können und oft genug vor allem an ihren kurzfristigen persönlichen Vorteil denken, ohne die Konsequenzen abzuwägen. Sie neigen dazu, etwas sehr schnell zu bewerten und glauben sich damit im Recht, weil sie komplexere Zusammenhänge nicht erkennen können.

Am anderen Ende der Skala stehen reife Persönlichkeiten, die Vorgänge erst einmal beschreiben, ohne gleich zu bewerten. Sie sind in der Lage, die Blickwinkel und Interessen aller Beteiligten einzubeziehen. Ihren Argumenten können gewöhnlich auch jene folgen, die anderer Meinung sind. Reife Persönlichkeiten können mit Widersprüchen leben, etwa dem zwischen der für die persönlichen Finanzen unangenehmen Tatsache einer Kohlendioxid-Steuer und der Notwendigkeit, durch deren Anwendung letztendlich weniger Kohlendioxid zu erzeugen.

Persönliche Reife kann man nicht erlernen, mehr noch: Reifegrade die über dem eigenen stehen, kann man nicht erfassen. Daran muss übrigens denken, wer mit einfach gestrickten Zeitgenossen diskutiert.

In der Berufspraxis

Wie sehr Temperament, Charakter und Reife Arbeit und Arbeitsergebnis beeinflussen, das zeigt sich in der Informatik. Vereinfacht gesagt: Viele Programmierer und IT Experten sind typische hochqualifizierte Einzelgänger. Sie entwickeln hochleistungsfähige Computerprogramme, an denen die Anwender verzweifeln. In den Anfangsjahren, als der Personal Computer, der persönliche Computer, die Büros und Werkstätten eroberte, gab es zu jedem Programm noch mindestens ein dickes Handbuch. Hintergrund: Die Kompliziertheit der Programme bekam der Anwender damals noch recht deutlich zu spüren. Als BeierMedia im Jahr 2005 das streng an Nutzerbedürfnissen orientierte Content Management System selfCMS startete, mit dem auch der Zittauer Anzeiger programmiert ist, war das eine kleine Sensation.

Heute hingegen muss Software intuitiv und selbsterklärend sein. Ein wichtige Rolle spielt dabei das User Interface (UI), das als Nutzeroberfläche die Programme, die letztendlich direkt auf elektronische Prozessoren und Speicher zugreifen, für den Nutzer erfassbar und bedienbar macht. Ist hier ein Informatiker am Werk, der zwar perfekt programmiert, seine Software aber nicht aus dem Blickwinkel des Nutzers – man sagt des DAU, des "dümmsten anzunehmenden Users" – sieht, kann eine hochwertige Software auf Ablehnung stoßen, weil die Bedienung eben nicht schlüssig, zu ungewohnt oder zu aufwendig ist.

Je nachdem wie das User Interface gestaltet ist, entsteht eine Nutzererfahrung, im Fachjargon User Experience (UX) genannt. Die Nutzererfahrung, die aus der Leistungsfähigkeit von Soft- und Hardware und eben der Bedienbarkeit resultiert, ist entscheidend für den Erfolg eines Produkts, wie der Erfolg der Marke mit dem angebissenen Apfel beeindruckend belegt. Selbst ein komplexes Gerät wie ein Smartphone muss heute einfach und intuitiv bedienbar sein. Klar sollte man wissen, was ein Browser, ein Messenger oder eine E-Mail ist, was aber im Gerät selbst abläuft, interessiert kaum jemanden. Man muss ja auch nicht wissen, wie ein Getriebe im Detail funktioniert, um ein Auto zu fahren.

Tipp:
Wer als Informatiker oder Grafiker – am besten beides – neben den fachlichen Qualitäten die nötige Empathie und Reife besitzt, sich in Software- und Geräteanwender hineinzuversetzen und einen spannenden Arbeitsplatz sucht, kann sich um einen der UI/UX Designer Jobs bewerben – diese Leute sind so sehr gefragt, dass immer wieder Initiativbewerbungen willkommen sind.

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  • Quelle: Thomas Beier | Foto: mwitt1337 / Malachi Witt, Pixabay License
  • Erstellt am 01.06.2021 - 10:09Uhr | Zuletzt geändert am 01.06.2021 - 11:01Uhr
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