Soloselbständige sind auch Arbeitgeber – wenn auch indirekt

 Soloselbständige sind auch Arbeitgeber – wenn auch indirektZittau, 21. Dezember 2020. Sich ein kleines Unternehmen aufzubauen, wird zunehmend schwieriger – und das aus vielerlei Gründen, so die Erfahrung des Markersdorfer Unternehmensberaters Thomas Beier. Dabei wirken sogar Soloselbständige als Arbeitgeber, wenn auch auf indirekte Weise.

Abb.: Irgendwie geht es ja in der Wirtschaft immer um die Wurst, so wie hier in Zittau an der Einmündung der Pfarrstraße in die Kirchstraße
Archivbild: ©2020 BeierMedia.de
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Einfach mal Unternehmer werden ist schwieriger denn je

"Die Schwierigkeiten bei einer Unternehmensgründung sind einem Puzzle vergleichbar, dessen Puzzleteile sowohl klein oder sehr groß sein können", erläutert Unternehmensberater Beier. Dabei stünden die kleinsten Puzzleteile für mit mehr oder weniger Aufwand abarbeitbare Aufgaben, wie etwa die Erstellung eines Unternehmenskonzeptes oder die Erledigung von Formalitäten. Je größer die Puzzleteile aber werden, umso mehr verbergen sich dahinter Unwägbarkeiten und komplexe Anforderungen, die kaum überschaut werden können, sowohl in ihrem Umfang als auch in ihrem Lösungsansatz und in ihren Auswirkungen.

Erst jüngst ist Beier folgender Fall untergekommen: Ein schon recht betagter entfernter Verwandter möchte einem jungen Mann bei der Existenzgründung finanziell unter die Arme greifen und ihm deshalb 50.000 Euro schenken. Woran keiner gedacht hat ist die Schenkungssteuer, die in diesem Fall erhoben wird und im ungünstigsten Fall 30 Prozent der Geldsumme dem Fiskus zuführt. Der Ausweg, anstelle der Schenkung den Geldgeber zum Mitgesellschafter zu machen birgt neue Risiken, etwa wenn es Erben gibt. Eine ideale Lösung aus Sicht des Gründers gibt es wohl kaum, in jedem Falle ist aber bei solchen Kostellationen, die steuerliche Risiken bergen, der Gang zum Steuerberater anzuraten.

Auch hindern bestimmte Vorschriften des Gesetzgebers daran, einfach mal unternehmerisch loszulegen und sein Einkommen vollständig in die eigene Verantwortung zu nehmen – und das auf Gebieten, wo man es zunächst nicht vermutet. Angenommen, jemand möchte einen Online Handel eröffnen: Dann sollten er oder sie tunlichst daran denken, wie vorgeschrieben grundsätzlich einem Entsorgungssystem für Transportverpackungen beizutreten. Dazu ist es etwa nötig, die Zahl der Pakete, die man verschicken möchte, anzugeben. Doch wer kennt die schon vorab? Das verunsichert ebenso wie die ganz aktuell ins Gespräch gebrachte "Paketsteuer" im Online Handel. Glaubt etwa wirklich irgendein Diplom-Erbsenzähler, man könne damit den Innenstadthandel retten?

Neben rechtlichen Unsicherheiten sind viele Gründer auch auf das Wohlwollen bestimmter Ämter und Aufsichtsbehörden angewiesen. Die allerdings verstehen sich gewöhnlich nicht als Teil der Wirtschaftsförderung, machen – wie auch anders – Dienst nach Vorschrift und legen im Zweifel Ermessensbereiche auch mal eng aus, um nichts falsch zu machen.

Wer Arbeit auslagert, kann sich besser auf sein Geschäft konzentrieren und sorgt für Arbeit und Einkommen bei anderen

Eines der Hauptrisiken für junge Unternehmen ist jedoch der nötige Zeitaufwand. Es muss vieles erledigt werden, was niemand bezahlt, aber Kosten verursacht: Die eigenen Leistungen gestalten, Kundengewinnung, Anfragen beantworten, Verträge ausarbeiten, Werbung machen, Kooperationen anbahnen, Schulungen absolvieren, Abrechnung, Rechnungslegung, Überwachung der Zahlungseingänge und das Mahnwesen wollen erledigt sein. Wer sich dafür zwangsläufig Mitarbeiter einstellt, holt sich mit den Lohn- und zugehörigen Lohnnebenkosten, der Bereitstellung des Arbeitsplatzes etc. pp. weitere enorme Kosten ins Haus, ohne dass dadurch Mehreinnahmen realisiert werden.

Deshalb ist oftmals der Schlauere, wer so viele Arbeiten an Externe vergibt wie nur irgend machbar und zwar möglichst nach dem Prinzip: Kosten entstehen erst, wenn auch wirklich etwas getan wird. Beispielsweise ist es sehr einfach, Sekretariatsaufgaben auszulagern und tätigkeitsbezogen abrechnen zu lassen. Damit lassen sich die Kosten nicht nur einzelnen Aufträgen zuordnen, sondern sie fallen überhaupt nur dann an, wenn wirklich etwas zu tun ist. Ist jedoch jemand für diesen Job angestellt, fallen dessen Kosten immer an, selbst bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Dass die Förderinstrumente zur Schaffung von Arbeitsplätzen für Kleinunternehmen wenig hilfreich sind, das wäre ein weiteres Kapitel.

Besonders zeitaufwendig ist es, wenn Kunden nicht zahlen oder Lastschriften platzen lassen. Für Unternehmen explodiert in solchen Situationen der Aufwand. Oft ist es mit Mahnungen nicht getan, auch werden immer wieder Adressrecherchen nötig. Über allem steht der Zweifel: Ist beim säumigen Zahler überhaupt noch etwas zu holen, setzt man vielleicht mit dem Mahnverfahren oder einer Zahlungsklage noch mehr Geld in den Sand? Leider erweisen sich Kunden, die nicht zahlen, meist nicht kooperativ. Oft würde es ausreichen, über einen finanziellen Engpass zu informieren, damit sich Unternehmen auf Zahlungsvereinbarungen einlassen oder Forderungen abschreiben. Das wissen auch Unternehmer: Wer schon am Boden liegt, auf dem braucht man nicht noch herumzutrampeln.

Doch selbst als manche Unternehmen angesicht der Coronakrise in Rechnungen darauf hinwiesen “Sollten Sie sich in einer sozialen Notlage befinden und nicht zahlungsfähig sein, setzen Sie sich bitte mit uns in Verbindung”, machte das kaum jemand, lieber ließen viele die unterm Strich teure Mahnmaschinerie anlaufen. Unternehmen macht das keinen Spaß, der Mahnaufwand ist oft höher als die erhobenen Mahngebühren. Besonders für Einzelunternehmer ist es außerdem durchaus ein mentales Problem, einem Kunden, den man persönlich kennt, mit rechtlichen Mitteln in die Zange nehmen zu müssen, damit er seine Rechnung bezahlt.

Ein möglicher Ausweg ist hier das Factoring, da heißt, der Verkauf der Zahlungsforderungen, die man gegenüber seinen Kunden hat. Besonders Berufsgruppen, die Wert auf iht Ansehen in der Öffentlichkeit legen wie etwa niedergelassene Ärzte, überlassen nicht nur das Geldeintreiben bei Privatpatienten lieber spezialisierten Dienstleistern, sondern verkaufen diesen ihre Forderungen, so dass der Dienstleister auch die Rechnung an den Patienten ausstellt. Nebenbei ergibt sich ein positiver Liquiditätseffekt, weil der Factoringunternehmer – gegen einen Abschlag, versteht sich – die Forderungen des Arztes sofort begleicht. Wie etwa die zahnärztliche Abrechnung nach diesem Prinzip funktioniert, wird im Web ausführlich erläutert.

Unternehmensberater Beier fasst die Vorgehensweise so zusammen: "Durch die Konzentration auf das, womit man sein Geld verdient – also auf die Leistung, die man wirklich nur in Person erbringen kann – werden die sogenannten Soloselbständigen auf indirekte Weise, nämlich durch die von ihnen erteilten Dienstleistungsaufträge, zu Arbeitgebern. Davon profitieren nicht nur Factoringunternehmen sondern auch Kooperationspartner, Steuerberater und Rechtsanwaltskanzleien, also alle, die im Auftrag des Selbständigen tätig werden. Der Soloselbständige hingegen gewonnt Zeit für das, womit Geld verdient wird. Das ist eine typische Win-Win-Situation."

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  • Quelle: red | Foto: © BeierMedia.de
  • Erstellt am 21.12.2020 - 12:57Uhr | Zuletzt geändert am 21.12.2020 - 13:39Uhr
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