Markenware: Ein Verwirrspiel?

Markenware: Ein Verwirrspiel?Zittau, 13. August 2020. Von Thomas Beier. In meiner Unternehmensberatung, der 1994 gegründeten Beier Consulting, steht als Dauerbrenner immer wieder die Frage, wie Unternehmen mehr Anziehungskraft auf potentielle Käufer entwickeln können. Anders gesagt: Wie kann ich erreichen, dass sich ein Kunde in der Auswahl der ihm zur Verfügung stehenden Anbieter für mich entscheidet? Was sich für manchen vielleicht lapidar anhört, ist für die meisten Unternehmen eine existenzielle Frage.

Zittau ist ein traditioneller Standort für Markenartikler, von den Granit- und ROBUR-Lkws aus den früheren Phänomen-Werken bis hin zu Produktionsbetrieben in der Weinau, wo unter anderem Waren für Markenartikler veredelt werden. Aktuell baut hier die Arno Hentschel GmbH, bekannt unter der Marke ARNELL; Produktionsstart ist 2021
Foto: © BeierMedia.de
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Die Marke als Teil der Unternehmensstrategie

Die Entwicklung von Anziehungskraft auf Kunden umfasst mehrere, meist strategische Vorgehensweisen. Ein Teilgebiet ist die Entwicklung einer Marke, sei es für ein konkretes Produkt, für einen Hersteller und seine Produkte oder für einen Händler, der dann Waren unterschiedlicher Hersteller unter seiner eigenen Handelsmarke verkauft – Beispiele dafür finden sich in jedem Discounter.

Nun ist es aber nicht damit getan, eine Wortmarke, eine Bildmarke oder eine kombinierte Wort-Bild-Marke mit einem einprägsamen Schriftzug zu entwickeln und an seinen Erzeugnissen und in der Werbung zu verwenden. Insgesamt ist das Markenrecht vielfältig differenziert, umfasst etwa auch Gewährleistungsmarken und allein die Abwehransprüche von Markeninhabern beschäftigen ganze Heerscharen spezialisierter Rechtsanwaltskanzleien. Markenrechtliche Ansprüche können unter Umständen zudem – ganz ohne Eintragung – kraft Verkehrsgeltung entstehen.

Viele grundlegende Fragen rund um die Marke beantwortet das Deutsche Patent- und Markenamt, die Markenanmeldung ist durchaus selbst zu stemmen, doch empfiehlt sich oft die Beratung durch einen Marken- oder Patentanwalt. Tipp: Beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) mit Sitz im spanischen Alicante kann man seine Unionsmarke für die gesamte EU beantragen.

Was die Marke verspricht

Eine "gute Marke" sollte aus Verbrauchersicht ein umfassendes Leistungsversprechen darstellen, zu dem mindestens diese Punkte gehören:


    • lange Haltbarkeit, "Qualitätsware"
    • langfristige Ersatzteilbereitstellung und Service
    • Kompatibilität zu Nachfolgeprodukten
    • ggf. tatsächliche Verfügbarkeit von Zubehör
    • im Einklang mit gesetzlichen Vorschriften und technischen Normen stehen
    • in den letzten Jahren zunehmend auch Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit

Auch angemessene Preise gehören zur Marke, sie machen aus besonders hochwertigen Marken teure Statussymbole für den Käufer. Im Gegensatz dazu gibt es auch "Billigmarken", bei denen die Erwartungen der Käufer an typische Markeneigenschaften eher gedämpft sind. Allerdings ist es ein gängiges Markteinstiegsmodell, sich zuerst als Billigmarke – niedriger Preis als Kaufanreiz – zu etablieren und dann Schritt für Schritt die Qualität und die Preise hochzuziehen.

Marke und Gattungsbezeichnung – wovor sich Markeninhaber hüten sollten

Manche Marken werden zu Gattungsbezeichnungen, so sagt mancher etwa "Hast du mal ein Tempo?", wenn er ein Papiertaschentuch meint, soll Spülmittel gekauft werden, so heißt es im Osten oft "Bring fit mit!", während im Westen vielleicht mit "Vergiss Spüli nicht!" erinnert wird. Die Liste möglicher Beispiele ist lang, so steht etwa die Marke Aspirin für viele als ganz allgemein als Kopfschmerztablette oder andere geschützte Marken wie die Flip-Flops für Badesandalen, der Inbus-Schlüssel für einen Sechskant-Schraubendreher, der Römertopf für einen Kochtopf aus Steinzeug oder Zewa für Küchentücher. Auch beim besonders durch die Corona-Pandemie bekannt gewordenen Webinar handelt es sich übrigens um eine geschützte Marke, die sich jedoch immer mehr generell für Online Seminare durchsetzt; das Abmahnrisiko für Verwender des Begriffs hat Rechtsanwalt Alexander Goldberg auf eRecht24 beleuchtet.

Markenberater, die ein wenig naiv sind, halten derartig starke Marken, die sich als Bezeichnung für eine ganze Warengattung durchsetzen, für ein erstrebenswertes Ziel – sie denken nicht daran, dass der Markenschutz weggenommen werden kann, wenn die Marke sich als Gattungsbezeichnung durchgesetzt hat. So wurde beispielsweise dem SONY "walkman" in Österreich schon im Jahr 2002 der wertvolle Markenschutz entzogen, weil sich die Bezeichnung längst für tragbare Musikabspielgeräte unterschiedlicher Hersteller und Marken verbreitet hatte.

Hersteller wie jener der bekannten Kitchenaid Küchenmaschinen achten deshalb streng darauf, dass die Marke nicht zum Synonym für alle möglichen Küchenmaschinen wird. Dabei spielen das markante Design und die Farbgebung eine ebenso wichtige Rolle wie die Tatsache, dass viele der Kitchenaid-Fans ihre Kitchenaid als die einzige wirklich unverwüstliche Küchenmaschine am Markt betrachten. So ist das, wenn man als starke Marke Anziehungskraft entwickelt; als Gattungsbegriff wäre die Kitchenaid eine Küchenmaschine neben jenen vieler anderer Hersteller, als Marke hingegen ist sie etwas ganz Besonderes, für viele Hobby- und Profiköche Erstrebenswertes.

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  • Quelle: Thomas Beier | Foto: © BeierMedia.de
  • Erstellt am 13.08.2020 - 11:41Uhr | Zuletzt geändert am 13.08.2020 - 13:02Uhr
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