Vollkasko-Mentalität – angebracht oder nicht?
Zittau, 20. Dezember 2021. Den Deutschen wird gern eine Vollkasko–Mentalität nachgesagt, sicherlich nicht ohne Grund. Demgegenüber steht eine Lebenseinstellung, die sich mit dem beliebten Postkarten-Spruch "Lebe wild und gefährlich, Arthur!" umreißen lässt.
Absicherung um jeden Preis?
Tatsächlich treibt die Absicherungsmentalität Blüten: Viele zahlen ins gesetzliche Krankenversicherungssystem monatlich enorme Beiträge ein und halten das für solidarisch. Doch ist es solidarisch, eine aufgeblähte Bürokratie zu finanzieren, und – noch schlimmer – sich von der Allgemeinheit der Steuerzahler mitfinanzieren zu lassen? Zu diesen Steuerzahlern gehören übrigens auch die Privatversicherten, die also einem Krankenversicherungssystem angehören, das keinerlei Zuschüsse erhält und sich selbst trägt. Damit ist doch die Private Krankenversicherung (PKV) und nicht die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) das eigentlich solidarische System. Das sollten sich jene hinter die Ohren schreiben, die eine gesetzliche Einheitsversicherung fordern, die wohl schnell ebenso zuschussbedürftig wäre wie die heutige GKV.
Ein weiteres Beispiel dafür, dass lieber hohe Beitragszahlungen gegen geringe Leistungen in Anspruch genommen werden, ist die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV). Einziger Vorteil des bürokratischen Systems, das zudem ganz offiziell “versicherungsfremde Leistungen” kennt: Der Zwang zur Einzahlung für Arbeitnehmer und bestimmte Selbständige, die ansonsten vielleicht kein Geld fürs Alter beiseite legen würden. Dennoch: Die gesetzliche Rentenversicherung stammt aus einer Zeit, als sich die kapitalistische Industrie durchsetzte und das Bevölkerungswachstum enorm war. Beides trifft heute nicht mehr zu: Erwerbstätigkeit wandert immer stärker in andere Felder ab und das Bevölkerungswachstum? Da ist man froh, wenn die Bevölkerungszahl durch Einwanderung stabil gehalten werden kann.
Sowohl die GKV wie auch die GRV sind Beispiele dafür, wie Menschen – in diesem Fall finanzielle – Nachteile in Kauf nehmen, um sich "abgesichert" zu fühlen. Die Absicherung ist bei der GKV durchaus gegeben, während die GRV ein auskömmliches Rentenniveau für alle nicht garantieren kann.
Und die privaten Versicherungen?
Doch auch im Bereich der privaten Versicherungen ist nicht alles Gold, was glänzt. Bei Vorsorgeversicherungen helfen nur der gut gespitzte Bleistift und womöglich der Steuerberater, um zu erkennen,was sinnvoll ist – und was eben nicht.Und immer dann, wenn es um die vermeintliche Absicherung gegen Risiken geht, sollte man im Hinterkopf haben: Die Versicherung allein mindert – abgesehen durch risikomindernde Auflagen – kein Risiko, sondern springt gegebenenfalls für Folgekosten ein. Eine Unfallversicherung schützt eben nicht vor einem Unfall, sondern vor dessen finanziellen Folgen.
Versicherbare Risiken bewerten
Bei der Bewertung, ob eine Risikoversicherung sinnvoll ist, stehen zwei zentrale Fragen im Raum, die sich wie ein Koordinatensystem aufspannen:- Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Schadensfall eintritt?
- Wie gut wären nach einem Schadensfall die Folgekosten ohne Versicherung beherrschbar?
Es liegt auf der Hand: Ist die Schadenswahrscheinlichkeit gering und sind die Folgekosten beherrschbar, ist eine Versicherung meist unnötig. Die Variante der hohen Schadenswahrscheinlichkeit mit unbeherrschbar hohen Folgekosten ist nur schwierig versicherbar, etwa bei Wohneigentum in einem Hochwassergebiet. Häufige Schadensfälle, auch wenn sie nur relativ geringe Kosten verursachen, wird sich kaum eine Versicherungsgesellschaft über längere Zeit ansehen, sondern den Vertrag kündigen.
Es bleibt praktisch nur die Variante der geringen Schadenswahrscheinlichkeit mit hohen Folgekosten. Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, wenn etwa ein jüngerer Häuslebauer oder überhaupt Familienvater eine Risikolebensversicherung abschließt, die preiswert im Falles eines Falles seine Hinterbliebenen finanziell absichert.
Neue Risiken
Ebenso ist eine Versicherung sinnvoll, wenn gänzlich neue Risiken im Leben auftauchen. Aktuell etwa entdecken immer mehr Senioren und Seniorinnen die Vorteil eines Pedelecs oder eines E-Bikes. Man kann damit auf gelenkschonende Weise in Bewegung bleiben und sogar Berge bewältigen – für die Gesundheit eine wunderbare Erfindung!Der Haken an der Sache: So ein elektrisch unterstütztes oder wie beim E-Bike gegebenenfalls auch rein elektrisch angetriebenes Gefährt ist vom Fahrverhalten her im Grunde genommen weniger ein Fahrrad als mindestens ein Mofa oder Leichtkraftrad. Insbesondere betagtere Nutzer, die bisher ein herkömmliches Fahrrad gewohnt waren, setzen sich damit einer erhöhten Unfallgefahr aus. Wer unterdiesen Umständen eine gute e-Bike Vollkasko Versicherung abschließen möchte, die neben Sturz- und Unfallschäden auch den Diebstahl etwa des Akkus einschließt, folgt nicht einer Vollkasko-Mentalität, sondern der Vernunft.
Unterm Strich
Versicherungen sind immer eine Frage der Vorangst, nämlich davor, was alles passieren könnte – jeder gute Versicherungsvertreter weiß das. Es liegt beim Versicherungsnehmer, seine Risiken selbst zu bewerten. Im Zweifel hilft etwa die Verbraucherzentrale Sachsen mit ihrer Versicherungsberatung weiter.-
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- Quelle: TEB | Toto: Deutsch / MaBraS, Pixabay License
- Erstellt am 20.12.2021 - 21:56Uhr | Zuletzt geändert am 20.12.2021 - 22:45Uhr
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