Fragen zum Mindestlohn?
Zittau, 12. Januar 2015. Wie so oft bei Gesetzen sind auch die Vorschriften zum Mindestlohn auf den ersten Blick einfach, in der Umsetzungspraxis im Einzelfall jedoch mit vielen Fragezeichen behaftet. Hier will die "Regionsgeschäftsstelle Ostsachsen" des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB-Bezirk Sachsen) weiterhelfen.
Der Mindestlohn: "Einfach geht anders", meint Thomas Beier
Heute fand zunächst ein "Bundesweiter Aktionstag Mindestlohn" statt. Dabei wird deutschlandweit an 270 Verkehrsknotenpunkten eine Mini-Broschüre zum Mindestlohn verteilt, so geschehen am frühen Morgen auch in Bautzen, Görlitz und Zittau.
Außerdem ist bis Ende März 2015 eine "Mindestlohn-Hotline" (es fallen nur die Kosten des jeweiligen Festnetztarifs an) unter Tel. 0391 - 4 08 80 03 erreichbar. Hier kann man sich über das Mindestlohn-Gesetz informieren.
In Ostsachsen gibt es drei weitere Info-Termine, an denen das Info-Mobil des DGB Station macht, um über den Mindestlohn zu informieren:
- Mittwoch, 14. Januar 2015, von 13 bis 15 Uhr,
Marienplatz, 02826 Görlitz - Donnerstag, 15. Januar 2015, von 10 bis 15 Uhr,
Breitscheidstraße, 02708 Löbau - Freitag, 16. Januar 2015, von 11 bis 13 Uhr,
Kornmarkt, 02625 Bautzen.
Mehr von den Gewerkschaften
www.ostsachsen.dgb.de
Kommentar:
Der Mindestlohn - eine Geburt mit schwer kalkulierbaren Folgen
Der DGB geht davon aus, dass etwa 3,7 Millionen Beschäftigte vom Mindestlohn profitieren. "Der bevorstehende Mindestlohn führte nicht zu Stellenabbau", sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell am 7. Januar 2015 in Bezug auf eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).
Zunächst ist dem Grundsatz, dass eine Vollzeitbeschäftigung dem Arbeitnehmer eine ausreichende Lebensgrundlage bieten muss, zuzustimmen.
Andererseits muss hingeschaut werden, was der Mindestlohn bewirkt. Und das ist vor allem eine Umverteilung: Wer heute als "Aufstocker" arbeitet, seinen Lohn also mit Hartz-IV-Bezügen aufbessern muss, hat nach Einführung des Mindestlohns nicht zwangsläufig mehr in der Tasche - nur schrumpft jetzt der Geldanteil aus dem Steuersäckel, in das Personen wie Firmen einzahlen, und es steigen die vom Unternehmen zu zahlenden Bezüge. Anders gesagt: Der Staat wälzt einen Teil seiner Pflicht zur sozialen Grundsicherung seiner Bürger, die er bislang zahlen musste, wenn die Mitarbeiter zu wenig Geld verdienten, auf die Unternehmen ab.
Für Unternehmer ergeben sich zwei fatale Konsequenzen: Erstens kenne ich - entgegen dem verbreiteten Schreckbild des gierigen Profitmachers - Unternehmer, die zu Gunsten von Arbeitsplätzen auf Rationalisierungsmaßnahmen verzichten, die sich aus sozialer Verantwortung all den Aufwand und Ärger an Land ziehen, den die Personalverwaltung und Mitarbeiterführung nun mal mit sich bringen. Besonders in kleineren und mittleren Betrieben, die noch nicht ganz so brutal auf Gewinnerzielung um jeden Preis getrimmt sind wie manche Konzernunternehmen, bestehen - böses Wort - Freisetzungspotentiale sowohl bei qualifizierten wie unqualifizierten (wo es die noch gibt) Mitarbeitern. Die zu nutzen, wird nun interessanter.
Ein zweiter Effekt ist, dass sich die Lohnanhebung nicht auf das unterste Ende der Lohnskala, wo bisher weniger als der Mindestlohn verdient wurde, beschränkt. Wer bisher mehr Geld als die Geringverdiener erhalten hat, will den Abstand gewahrt wissen und am Monatsende ebenfalls mehr in der Lohntüte sehen. Es wird also an der Personalkostenschraube insgesamt gedreht. Diese Mehrkosten müssen letztlich auf die Preise umgelegt werden, was zu stärkerer Teuerung führt. Selbstredend sind die Unternehmer nicht dumm und werden den Mindeslohn als willkommenes Argument nutzen, um höhere Preise durchzusetzen.
An dieser Stelle beißt sich die Katz' in den Schwanz: Während der Geringverdiener trotz Mindestlohn unterm Strich nicht unbedingt mehr Geld zur Verfügung hat, führt der Mindestlohn verstärkt zu höheren Preisen. Herzlichen Glückwunsch!
Und wie ist das denn nun bei Praktikanten mit dem Mindestlohn?
Außerdem ist teils unklar, wo der Mindestlohn gilt. Beispielsweise spricht das Praktikumsportal der IHK Darmstadt bei der Frage, ob bei bestimmten freiwilligen Praktika der Mindestlohn ab dem ersten Tag zu zahlen ist, von "nach Ansicht der Bundesregierung". Für Unternehmer, die Rechtssicherheit benötigen, ein unerträglicher Zustand. Schaut man sich die Regelungen, ob ein Praktikant oder eine Praktikantin Anspruch auf Mindestlohn hat oder nicht, an, ahnt man, wie schnell man als Arbeitgeber ins Fettnäpfchen treten kann, wenn man eine Praktikumsstelle anbietet.
Einfach geht anders,
meint Ihr Thomas Beier
Thomas Beier ist seit mehr als zwanzig Jahren Freiberuflicher Unternehmensberater und berät den Mittelstand in Fragen der Unternehmensführung, Markterschließung und strategischen Ausrichtung.
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- Quelle: red | Kommentar: Thomas Beier | Fotos: niekverlaan / Niek Verlaan, pixabay, Lizenz CC0 Public Domain
- Erstellt am 12.01.2015 - 15:23Uhr | Zuletzt geändert am 12.01.2015 - 16:31Uhr
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