Tillich und Schwarzenberg setzen in Aussig auf die Zukunft

Aussig (Ústí nad Labem). Mit der Aufarbeitung ihrer gemeinsamen Geschichte stellen Deutsche und Tschechen ihre Zusammenarbeit auf ein noch festeres Fundament. Dies machten Ministerpräsident Stanislaw Tillich und der tschechische Außenminister Karel zu Schwarzenberg am 11. September 2008 in Aussig deutlich. Während einer unter dem Titel „Vergessene Helden“ stehenden Konferenz, mit der ein Projekt zur Dokumentation der Schicksale deutschsprachiger aktiver Antifaschisten in der Tschechoslowakei endet, würdigten beide Politiker die Bedeutung der Arbeit zahlreicher Historiker, die Berichte von rund hundert Zeitzeugen aufgezeichnet und ihre Schicksale umfassend dokumentiert haben. Eine dauerausstellung in der Universität macht die Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich.

Anzeige

Tillich bei Besuch in Ústí: „Wir brauchen ein deutsch-tschechisches Geschichtsbuch für Schüler“

Mit der Idee eines deutsch-tschechischen Geschichtsbuchs für Schüler geht der sächsische Ministerpräsident noch einen Schritt weiter: „Mit einem unverklärten Blick wagen Deutsche und Tschechen sich damit an ein schwieriges Kapitel ihrer gemeinsamen Geschichte heran. Die heute beginnende Dauerausstellung in der Universität von Ústí nad Labem veranschaulicht den Kampf von Deutschen und Tschechen Seite an Seite gegen das Unrechtsregime der Nationalsozialisten und ist damit ein bedeutender Mosaikstein im Prozess dieser Aufarbeitung. Ich finde es ausgesprochen wichtig, dass diese Ausstellung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wird und würde mich freuen, wenn hiermit auch die Idee eines deutsch-tschechischen Geschichtsbuchs für Schüler vorangetrieben werden könnte.“

Die Deutschen, die in den böhmischen Ländern erklärte Gegner des nationalsozialistischen Systems waren, hätten doppeltes Unrecht erfahren. Zunächst bangten sie unter Adolf Hitler um ihre Rechte. Und weil ihre Muttersprache nicht Tschechisch gewesen sei, seien sie nach Ende des Zweiten Weltkrieges als Feinde der Tschechen verfolgt, vertrieben und ausgesiedelt worden, ergänzte Tillich. Dieses Thema war über Jahrzehnte ein Tabu-Thema. Erst durch eine Resolution der tschechischen Regierung vom 24. August 2005 wurde der Anstoß für das Projekt „Vergessene Helden“ gegeben.

„Wenn wir die Vergangenheit im Blick behalten, können wir unsere gemeinsame Zukunft erfolgreich gestalten. In den letzten Jahren haben sich die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen immer intensiver entwickelt. Nicht Konflikte prägen unsere Gespräche, sondern die Vereinbarung gemeinsamer Projekte. Vielversprechender als heute sah die Freundschaft zwischen Deutschland und der Tschechischen Republik nie aus“, unterstrich Tillich.

Nach der Konferenz-Eröffnung und dem damit verbundenen Blick in die Vergangenheit schauten Ministerpräsident Stanislaw Tillich und der tschechische Außenminister Karel zu Schwarzenberg in die Zukunft. So waren sich beide Politiker einig, dass der Bau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke Berlin-Dresden-Prag (Praha) im Rahmen der Transeuropäischen Netze (TEN) vorangetrieben werden müsse. Möglicherweise solle der Dringlichkeit dieses Schienenprojekts schon bald mit einem gemeinsamen Memorandum of Understanding Ausdruck verliehen werden.

Darüber hinaus regten Tillich und Schwarzenberg im Gespräch die baldige Gründung einer sächsisch-sorbisch-tschechischen Begegnungsstätte im Wendischen Seminar in Prag, einem früheren sorbischen Priesterseminar und dem heutigen Sitz des tschechischen Ministeriums für Schulwesen, an. Hierzu werde es weitere Gespräche geben.

Außerdem sagte Ministerpräsident Stanislaw Tillich dem tschechischen Außenminister zu, dem Sächsischen Landtag die Gründung einer sächsisch-tschechischen parlamentarischen Freundschaftsgruppe vorzuschlagen.

Darüber hinaus wurde heute bekannt, dass der tschechische Staatspräsident Václav Klaus die Einladung des sächsischen Ministerpräsidenten angenommen hat, seine Gedanken zur zukünftigen EU-Politik während der im Oktober dieses Jahres in Dresden stattfindenden Ministerpräsidentenkonferenz darzulegen. Hintergrund ist die EU-Ratspräsidentschaft der Tschechischen Republik, die im Januar 2009 beginnt.

Ministerpräsident Stanislaw Tillich kündigte an, dass der Freistaat Sachsen dem Auswärtigen Amt anbiete, die Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit im Jahre 2009 in der Deutschen Botschaft in Prag auszurichten. „Damit könnten wir ein ganz besonderes Zeichen mit dreifacher Symbolwirkung setzen: Die friedliche Revolution liegt nächstes Jahr genau zwanzig Jahre zurück. Die Deutsche Botschaft in Prag (Praha) wiederum war der Ausgangspunkt für die Geschehnisse im November 1989. Und Sachsen ist das Kernland der friedlichen Revolution“, sagte Tillich.


Mehr:
http://www.usti-nad-labem.cz/showdoc.do;jsessionid=E863EC599C65624BCE1EB0ABA6BD19A6?docid=116

Kommentare Lesermeinungen (0)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Schreiben Sie Ihre Meinung!

Name:
Email:
Betreff:
Kommentar:
 
Informieren Sie mich über andere Lesermeinungen per E-Mail
 
 
 
Weitere Artikel aus dem Ressort Weitere Artikel
  • Quelle: /red
  • Erstellt am 12.09.2008 - 09:26Uhr | Zuletzt geändert am 12.09.2008 - 09:44Uhr
  • drucken Seite drucken
Anzeige